Eine Frage, die mich schon länger umtreibt, ist die, ab wann eine Diktatur sicher als eine solche zu erkennen ist. Und ich meine das Faktische und eben gerade nicht den pejorativen Aspekt, auf den z. B. von Tante Wiki verwiesen wird (siehe hier).
Sollte man wirklich auf große Aufmärsche warten, die vor Symbolkraft nur so strotzen, um eine Diktatur zu erkennen? Braucht es in heutiger Zeit solche Massenveranstaltungen noch, um möglichst viele mit demagogischem Gegröle erreichen zu können? Wohl kaum, dafür haben sich die medialen Möglichkeiten in den letzten rund 80 Jahren viel zu stark verändert. Wo früher einmal die „Göbbelsschnauze” unbedingt erforderlich war, reicht heute ein Twitter-Account in einem Netz globaler Konnektivität.
Und die Symbolik? Mit der Unabhängigkeitserklärung (offiziell: The Unanimous Declaration of The Thirteen United States of America) proklamierten dreizehn britische Kolonien in Nordamerika am 4. Juli 1776 ihre Loslösung von Großbritannien und ihr Recht, einen eigenen souveränen Staatenbund zu bilden. Ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Personen unterschiedlichster Nationen brauchte spätestens jetzt Symbole, schuf sich Symbole und versuchte unter dem Glanz dieser Symbole seinen Traum von Prosperität in der Neuen Welt wahr werden zu lassen.
Beide Punkte, die soeben beispielhaft angerissen wurden, reichen nicht aus, um eine Diktatur sicher zu erkennen. Doch wie steht es zudem mit dogmatischen Setzungen, die (mehrheitlich) keinen Widerspruch dulden? Wie ist das mit Dogmen, bei denen kritisch-sachliche Zweifel zu Repressalien führen? Und wo bereits Zweifel verboten sind und physisch bekämpft werden, wie steht es da um praktizierte Alternativen (beispielsweise Strafzölle gegen „Freund” und Feind)? Hauptsache, das Dogma bleibt unbeschädigt…
Wie jetzt, solange es (mindestens) innenpolitische Fürsprecher für durchaus auch ge·twitterte Dogmen gibt, kann es sich nicht um eine Diktatur handeln? Ganz gewiß! Nur ist es langsam an der Zeit aufzuwachen, nicht wahr?
Ich denke, dass wir noch nicht in der Diktatur leben: https://sternkekandidatkreistagvg.wordpress.com/2019/06/05/die-friedlander-grose-wiese-prufstein-unserer-demokratie/
Aber wir gleiten in diese Richtung. So darf man bestimmte Dinge z. B. in Bezug auf den Klimawandel beinahe gar nicht mehr sagen, obwohl es hier überhaupt keine Gewissheiten gibt. Aber dieses „beinahe“ zeigt, dass wir nicht oder noch nicht in einer Diktatur leben. Dieses neue Weltrettungsprogramm, dem bislang fundamentale Schutzgüter (Gesundheit, Natur) immer mehr aufgeopfert werden, hat das Zeug für eine totalitäre Doktrin. Aber noch können alle Dogmen iin Frage gestellt werden. Ich glaube, dass die Schwelle deutlich identifizierbar ist.
LikeGefällt 1 Person
Es gibt Themen, die so emotional beladen sind – oftmals oder gar meistens, weil die in manipulativer Weise gerade auf diese Weise aufgeladen wurden –, daß jede Definition vor der Emotion zu kuschen hat. Es ist eine Definition vorstellbar, die jede(!) Form der Dominanz einer einzelnen Meinung als diktatorische Eigenheit kennzeichnet; und diese Definition ist sogar rational. Allerdings heißt rational nicht zwangsläufig, daß sie auch nützlich ist. Womit ich auch schon das entscheidende Stichwort aufs Tapet gewuchtet habe: Nutzen…
Und nein, die Bunte Republik ist fernab von dem, was man für gemeinhin als Diktatur verstanden haben möchte. Und doch steht in obigem Kommentar die Aussage: „Wir gleiten in diese Richtung.” Und damit sind wir wieder ziemlich genau beim Ausgangsartikel. Ist Dikatur erkennbar, ehe(!) sie soweit gefestigt wurde, daß es keine politischen Spielräume mehr gibt? Ich glaube daran – hätte es obigen Artikel sonst wohl gegeben? –, bezweifle aber intensiv, daß ‘die Schwelle deutlich identifizierbar ist’. Womöglich aus dem prosaischen Grund, daß es eine solche Schwelle gar nicht gibt. Wann kippt eigentlich die Qualität „viele einzelne Puzzlesteine” (deren jeder einzelne klar und deutlich erkennbar und beschreibbar ist) in die neue Qualität „ein großes Gesamtbild”? Oder, mit anderen Worten, siehe hier.
LikeLike
Es geschieht „schleichend“…
https://www.nzz.ch/feuilleton/in-deutschland-herrscht-ein-zunehmend-repressives-klima-ld.1487259
…und hat längst begonnen.
LikeGefällt 2 Personen
Danke für diesen Link! Es liegt vor jedermanns Augen und wird dennoch praktisch nicht gesehen. Eine Einsicht, die schaudern macht. Ich darf das sagen, schließlich habe ich von diesem aufrüttelnden Artikel auch erst durch Deinen Hinweis erfahren.
Und gerade das sehe ich als das Beängstigende: Die Dummheit hat ein breites Podium bzw. schafft es sich und findet damit ungebührliches Gehör. Der Mahner kann – ja doch, dieses Recht hat er ja noch – seine Stimme erheben, soviel er will, aber gegen das Je-lauter-desto-richtiger-Tosen kommt er nicht an. Handkantenschläge einer Mücke gegen den Mt. Everest…
LikeGefällt 1 Person
Demoktatie ist leider immer auch ein Kondensat aus Dummheit…
📊🐖🐖🐖
Letztendlich kommt es darauf an, welcher Schweinehirt am geschicktesten sein Stöckchen schwingt und das ist momentan der mit dem grünen Hütchen. Der trifft außer den Sauen damit auch den Zeitgeist, bei dem es sich angeblich um den Kollektivfurz der Sauen handelt, womit ich wieder beim ersten Satz dieses Kommentars angelangt wäre…
LikeGefällt 2 Personen
Ein Kreislauf ohne jedes Entrinnen? Erst sind wir begierig, auf das Karussell aufzuspringen, und zahlen stolz den mühsam zusammengeklaubten Fahrpreis, um dann mit Entsetzen festzustellen, daß es kein Entrinnen vor dem Einpeitscher gibt, der sein Stöckchen schwingt, um den Kreislauf in Gang zu halten?
Oh, wie betrübt bin ich jetzt…
LikeGefällt 2 Personen
Auswandern? 😏
LikeGefällt 1 Person
Eine Alternative, die nicht von vornherein ausgeschlossen werden sollte, die aber – das zu sehen braucht’s eiskaltes buchhalterisches Kalkül – nur eine verschwindend kleine Erfolgschance hat. Es ist ja schließlich nicht nur das Weggehen, sondern auch ein erheblicher Aufwand, am neuen Platz anzukommen (Freundeskreis, Heimat etc.). Möglicherweise ist der Aufwand letzten Endes größer als der Aufwand, sich in hiesigen Gefilden mit einem Schutzkokon zu umgeben, wenn man die ewige Windmühlenkämpferei über hat.
LikeGefällt 1 Person