Kino aus der Anfangszeit dieser darstellenden Kunst hat mit dem heutigen Kino sicherlich nichts mehr gemein. Keine zehn Pferde würden mich dazu bringen, mir einen heutigen Film anzuschauen, der vor Äkschn nur so strotzt. Aber zwischen den Bioscop‑Filmstreifchen der Gebrüder Skladanowsky und dem Wahrnehmungsreiz‑Tsunami, der an heutigen Filmkonsumenten entfesselt wird, um deren abgestumpfte und nur noch mittels Großkalibers berührbare Sinne anzuregen, gab es auch Kinofilme, die zu recht den darstellenden Künsten zuzurechnen sind (Betonung auf Kunst).
Diese sind recht leicht daran zu erkennen, daß sie zum einen etwas zu sagen haben und daß zum anderen die cineastischen Hilfsmittel Werkzeuge zum Hervorheben eben dieser Botschaft und nicht etwa reißerische Angebereien sind, die völlig belanglose und beliebig austauschbare „Handlungen” als Alibi für ihre narzißtische Selbstdarstellung mißbrauchen. Damit sind aber derartige „Kunst”-Filme immer auch Dokumente ihrer Zeit. Das sind moderne Filme zwar auch; nur sind in heutiger Zeit offenbar andere Dinge wichtig…
Und dann kommt gerade ein Film in die Kinos, zu dem u. a. in einer Rezension folgendes zu lesen ist: »Was wäre noch über einen Film zu sagen, der schon vor seinem Kinostart so viel allgemeine Anerkennung bekommen hat, mit Festival-Beifall, guten Kritiken und Preisen bedacht wurde?« (Quelle: zeit.de; Hervorhebung nachträglich hinzugefügt). Ja, es geht um die jüngste Verfilmung eines „Sittengemäldes”, das auf den Roman Berlin Alexanderplatz (1929 von Alfred Döblin) zurückgeht. Auch Romane sind Zeugen der Zeit, in der der Autor sein Kunstwerk schuf. Doch sollte man wirklich davon ausgehen, daß die überlieferte Zeitkapsel besser wird, wenn sie nach rund 90 Jahren mit Versatzstücken der aktuellen Modeerscheinungen, zu denen durchaus auch politischer Unfug und sinnbefreite Massenhysterie gezählt gehören, „angereichert” wird?
Auch die aktuelle Kunst der Darstellung wird irgendwann zur Zeitkapsel! Wenn dann Bilder intravenös konsumiert werden die „Wahrnehmungsreiz‑Tsunamis“ von heute als laues Lüftchen einer steinzeitnahen Kultur betrachtet werden. Alles ist relativ …
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Nein, nicht alles ist relativ! Die Aussage: „Alles ist relativ” gilt schließlich absolut.
Andererseits, um auch dem Rest Deines Kommentars Aufmerksamkeit zu widmen, scheine ich, was den Bedarf(!) an Reizaufnahme angeht, ein echter Dinosaurier zu sein. Mir reicht (unter Umständen) gewissermaßen ein einziges bestimmtes Duftmolekül, um mich auf Tage in sentimentale Erinnerung zu versetzen. Nicht die Menge macht’s, sondern das bewußte Sich-darauf-einlassen, um aus wenigem ein Maximum für die eigene Psyche herauszuholen. Sowas sensibilisiert im Gegensatz zu dem Reiz-„Gebrülle”, das einen auf die Dauer nur abstumpfen läßt.
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Ein Kaffeemolekül am frühen Morgen? Neeeeee, das wird nix! Ein Gelatimolekühl beim Standspaziergang? No,no,no …! Dann bin ich wohl oder übel ein Reizaufnahmedino … 😉
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Gelatimolekühl!? Damit hast Du den Vogel abgeschossen. Wenn das nicht den Wortschöpfungsehrenpreis der Woche einbringt, weiß ich auch nicht weiter.😆
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Gutes Kino = 60/70er-Jahre, überwiegend europäisch. Mit Abstrichen auch noch „Autorenfilme“/Arthouse 90er/0er-Jahre, überwiegend amerikanisch & asiatisch…
Ansonsten: nope.
Zum Alex-Projekt: Ob ich von oben Genanntem gestählt soviel „political correctness“ und mitschwingendes Narrativ noch vertragen würde? Hm…
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Wundervoll! Ich hatte diese Frage für mich etwas anders formuliert, trage aber dieselben Skrupel mit mir herum. 😉
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Den Originalfilm mit George kenne ich nicht, aber die Serie. Alles sehr düster, in des Wortes doppelter Bedeutung, aber nichtsdestotrotz sehenswert. Ein weiteres Flü-Drama mit einem armen traumatisierten Neger, der nur sein Bestes will, aber es dem bösen sadistischen deutschen Arschloch geben muss, brauche ich nicht. Und das Pulikum wohl auch nicht, denn ich gehe davon aus, dass der Film floppt. Aber da die Filmförderung ja wohl alles bezahlt und die ÖR-Medien – im Endeffekt als der Steuerzahler – können die Macher ihre Lorbeeren ohne finanzielle Einbussen geniessen.
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Nein, den Punkt, daß der Film floppen könnte, sehe ich nicht: Der Autor, Burhan Qurbani, surft auf dem Trittbrett eines zweifelsohne großen historischen Romans (ich habe nur den Roman gelesen und kenne nicht eine Verfilmung); zudem werden politische Themen aufgegriffen, die jeden Skeptiker sofort der politisch korrekten Inquisition überantworten (d. h. der Scheiterhaufen brennt bereits!). Moment, ich muß mich korrigieren: politisch wird dieser Film gehypt, die Einschätzung von Kinofachleuten könnte hingegen weniger euphorisch ausfallen.
PS: Das Wort Neger ist im verwendeten Kontext beleidigend. Gegen wen soll sich diese Provokation richten, was soll sie bewirken? Ich habe in Deinen Text nicht eingegriffen, diesmal noch nicht. Aber ich möchte nicht riskieren, daß dieser Weg des Gedankenaustausches gekappt wird wegen einer Wortwahl, die aktuell von übereifrigen Moralaposteln, die wie Lemminge jeden politischen Stuß nachplappern, als Kapitalverbrechen ausgelegt wird.
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„….armer, traumatisierter, schwarzer Mann….“ wäre eventuell die verächtlichere Wahl gewesen. Und zum Erfolg: Die Kinofachleute sind bei solchen Filmen immer sehr euphorisch, da ideologisch vorbelastet, und werden jubeln, das linke Publikum auch. Das rettet aber keinen Film finanziell. Politisch korrekter Müll wie Ghostbusters in der Feministinnenversion wurde damals ordentlich abgefeiert, ist aber bei den Zuschauern komplett gefloppt. Lag natürlich auch an der Zielgruppe.
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Jau, da stimme ich durchaus zu… 😊
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Ich gucke nicht so viele Filme. Neulich habe ich aber mal den diesjährigen Oscar-Gewinner „Parasite“ aus Südkorea angesehen. Toller Film und überraschend, dass die Akademie diesen Film gekrönt hat. Mutig auf jeden Fall.
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… mal gucken, wann dieser Film mir über den Weg läuft; dann könnte ich ja auch mal mitreden. 😎
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Sehenswerter Film
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Danke für den Tip, ich bin schon richtig gespannt. Ach was, hibbelig bin ich!😃
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Der Film ist ziemlich abgefahren, aber saugeil. Ich habe ihn mir auf koreanisch mit Untertiteln angesehen.
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Klingt immer spannender; was ’n Glück, daß ich kein Koreanisch kann.
Da fällt mir ein, daß ich mal einen polnischen Film angeschaut habe, bei dem die originale Tonspur etwas runtergeregelt war und ein Sprecher (wirklich einer für alle Rollen) mit einer völlig emotionslosen Stimme gegen den Originalton ansprach. Das Ganze hatte dann noch Untertitel in einer Sprache, die ich zwar buchstabieren konnte, die aber absolut nichts mit einer der Sprachen zu tun hatte, die ich halbwegs verstanden hätte… 🙃
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Ich gucke so gut wie alles im Original, ich finde bei der Synchro geht zu viel verloren. Hab mich an das Untertitel lesen gewöhnt und Englisch kann ich ganz gut, da muss ich kaum was lesen. Ich liebe asiatisches Kino und gucke das alles im Original. Grüße!
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Es erfordert wirklich ein gerüttelt Maß an Übung, nicht an den Untertiteln kleben zu bleiben, sondern auch die Finessen der laufenden Bilder wahrzunehmen und deren Wirkung entfalten zu lassen.
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Ansicht: „Keine zehn Pferde würden mich dazu bringen, mir einen heutigen Film anzuschauen, der vor Äkschn nur so strotzt.“
Die sind halt für mich gemacht – und nicht für dich. 😎
Da braucht´s kein Pferd, ich gehe freiwillig.
Ich sage nicht, daß das großartig ist, aber so einfach gestrickte Sachen mit ein bißchen Spannung sind gelegentlich mein Ding. Filme, die sich wichtig nehmen… eher nicht.
Tja, wenn die Bildung fehlt…
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Wie sagte (möglicherweise) der Alte Fritz so treffend: »Jeder möge nach seiner Façon selig werden.« 😉
Im übrigen bin ich nicht davon überzeugt, daß die Bildung (oder deren vermeintliches Fehlen) bei der Filmauswahl das entscheidende Charakteristikum ist. Beschäftigt man sich nicht bevorzugt mit Dingen, die einem gefühlt am wohlsten tun? Zumindest wenn man von sich aus, ohne äußeren Zwang wählen kann. Ob es sich in der Zukunft erweist, daß die Wahl des wohligsten Gefühls sich als ungesund, schädlich oder sonstwie erweist, steht auf einem ganz anderen Blatt. Insofern ist das keine Frage der Bildung, sondern eher eine Frage des individuellen Gefühls (und ein bißchen auch der Selbstdisziplin)…
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