Neutral?

Als ich noch silber­basiert photo­graphierte, war ich meistens recht glück­lich, wenn sich rot­far­bene Details einfangen ließen, denn gerade diese Farbe brachte gewisser­maßen Leben in die Abzüge. Selt­samer­weise trage ich diesen „Farb­fehler” auch nach jahre­langer Digital­knipserei noch immer mit mir herum. Und das war wohl der entschei­dende Grund, warum dieses Fähnchen so erfolg­reich meine Aufmerk­samkeit fesseln konnte.

Die Motiv­auswahl lief praktisch unter­bewußt, aber die Denk­murmel entwickelte aus dem Motiv ganz lapidar die Frage, ob wohl die Person, die hier ihr Fähnchen nach dem Wind hängt, ihr Mit­teilungs­bedürf­nis gegen den öko­logi­schen Fuß­abdruck abge­wogen hat, den dieses Statement letztlich hinter­ließ.

Die Trägersubstanz ist Poly­ester, und das ist nicht klima­neutral. Die Grund­stoffe rege­ne­rieren sich nicht. Recycling ist zwar in gewissem Umfang möglich, hinter­läßt aber einen ziemlich tiefen ökolo­gischen Fußab­druck, der randvoll gefüllt ist mit Chemi­kalien. Und die Farben? Welche von den sechsen ist klima­neutral? Viel­leicht der Purpur? Der könnte mög­licher­weise noch am ehesten natur­nah gewonnen werden. Doch wie über­redet man die Purpur­schnecken, in der Industrie­sied­lung am Stadt­rand „heimisch” zu werden? Das Herüber­fliegen aus ihren ange­stammten Lebens­räumen wäre nicht einmal dann klima­neutral, wenn die Transport­flug­zeuge mittels Elektro­turbinen zum Fliegen gebracht würden…

Kurz: Schon allein dieses winzige Beispiel dürfte erheb­lichen Zweifel nähren, ob es bei der Defi­nition der Klima­neutra­lität über­haupt mit rechten Dingen zugeht. Ein schwei­fender Blick durch die Wohnung, über den Arbeits­platz, aufs Händi, durch das Auto oder ein öffent­liches Verkehrs­mittel, über jeden belie­bigen Bereich des privaten oder öffent­lichen Lebens dürfte diese Skepsis verfestigen oder sogar noch steigern.

Umwelt

Seit langem befasse ich mich mit einem Thema, mit dem sich nicht zu befassen ich denen vorwerfe, die sich unter der unsäg­lichen Über­schrift Klima­schutz zusammen­ballen (bemer­kens­werter­weise (vgl. hier) mit in letzter Zeit deutlich sinkenden Zulaufs­zahlen). Wäre denn nicht eine der wichtigsten Fragen über­haupt die, wo sich Sinn, Sinn­leere und Dummheit in diesem Themen­komplex ihre Claims abgesteckt haben?
Nein, es geht dabei eben nicht ausschließ­lich um CO2; das ist nur die Sau, die als Mode-Mannequin über alle Laufstege getrieben wird, um den aktu­ellen Mode­standard vorzu­führen. Es geht um mehr, um viel mehr.

Geht es nicht um Umwelt­neutra­lität? Geht es, in der höchsten Anspruchs­formu­lierung, nicht darum, daß mit dem Aufhören der Existenz eines Indi­viduums¹ inner­halb eines Jahres (oder was immer als Vege­tationss­zyklik der Natur sinn­voll anzu­nehmen ist) auch die ökolo­gische Spur dieser Existenz verschwunden sein muß, wenn die Umwelt durch das Individuum unver­ändert bleiben soll?
Allerdings sind die Natur­gesetze gegen diese scharfe Form der Umwelt­neutra­lität, speziell der 2. Haupt­satz der Thermo­dynamik (Stich­wort Irrever­sibilität). Bleibt eigentlich nur eine Abschwächung des scharfen Anspruchs. Viel­leicht hat eine starke Form der Umwelt­neutra­lität Bestand, wenn sie fordert, daß alle globalen Ressourcen während der Existenz von Individuen umver­teilt oder höchstens in Kreis­läufe einge­bracht werden, die auf dem beste­henden techno­logischen² Niveau steuerbar sind bis hin zur vollständigen Wieder­herstellung der Ausgangs­ressourcen. Alles, was hinter dieser starken Form der Umwelt­neutra­lität zurück­bleibt, kann allen­falls als schwache Form gelten oder hat gleich gar nichts mit Umwelt­neutra­lität zu tun.

PS: Wenn Zeit und Muße sich in meinem Kalender ein Stell­dichein geben, werde ich mal eine der vier o. g. Formen mit Praxis­beispielen illu­strieren (kleiner Vorgriff: Nie wieder Jeans!). Bis dahin kann der geneigte Leser die Gele­genheit nutzen, sich ein paar Gedanken darüber zu machen, in welche Kategorie der Akti­onismus derjenigen fallen könnte, die Gesetzes­vergehen in Form von Schul­schwänzen mit dem Streik­recht abdecken…

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¹) Individuum ist alles, was da kreucht und fleucht, in Flora und Fauna und allem dazwischen. Und von dem, was für alle Lebewesen gilt, hat sich der Mensch nun einmal nicht auszuschließen.
²) Bei Spezies ohne von ihr eingesetzte Technologien ist dieser Passus selbstverständlich nichtig.

Unworthysterie

Zwei Nachrichten, deren zeit­liche Koinzidenz etwas Delikates besitzt: Zum einen ist „Klima­hysterie” zum Unwort des Jahres 2019 erkoren (siehe u. a. hier), zum anderen melden Wissen­schaftler, daß die Weltmeere sich erwärmen würden (siehe u. a. hier).
Gibt es gerade zum letzt­genannten Punkt, der Meeres­erwärmung, seriöse Analysen darüber, was ursächlich ist für die aktuell beob­acht­baren Wetter­änderungen in globalem Maßstab? Sind es die Temperatur­änderungen der Atmosphäre oder die der Ozeane, die zu Verän­derungen der globalen Meeres­strömungen führen? Wie steht es um die beteiligten Energie­mengen?
Wer würde es denn heut­zutage noch wagen, ein Phänomen sachlich zu analysieren, wenn der rasende Mob mit blut­unter­laufenen Augen und triefenden Lefzen genau ein Ergebnis verkündet haben möchte? Klima­hysterie, nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Kunstschnee

Die Erde ist um eine Sehens­würdig­keit reicher! Es schneit Kunst­stoff. Manche behaupten sogar (etwa hier), es würde Plastik(en) schneien, aber das bezweifle ich gar sehr. Eine Sehens­würdigkeit mehr. Es gibt Planeten, auf denen es Ammoniak regnet oder auch Eisen. Nun mal einer, auf dem es Kunst­stoffe regnet…
Und doch dürfte der aktuellen Bericht­erstat­tung ein gehörig Quentchen Panik­mache zugrunde liegen. Es handelt sich um ein Wahr­nehmungs­phänomen. Ja, der Mensch hinterläßt seine Spuren in der Umwelt. Ja, man kann schonend mit seiner Umwelt umgehen oder auch verschwen­derisch. Ja, ein Großteil der Umwelt­bela­stung geht auf die böse, böse Industrie zurück, die profit­maxi­mierend und mit zu wenig Rücksicht auf all die anderen Belange betrieben wird. Und ja, jeder einzelne trägt einen Teil der Schuld durch seine Gier nach immer schneller, immer komfortabler, immer hedoni­stischer. Denn diese Gier erzeugt die Absatzmärkte für die böse, böse Industrie…
Upps, jetzt bin ich vom Thema Wahr­nehmungs­phänomen ganz abgekommen. Also, es gibt eine Belastung der Umwelt mit Kunst­stoff­abfällen. Mit Kunst­stoff­abfällen beliebiger Größe, auch mit kleinen und kleinsten Kunst­stoff­partikeln. Je genauer man hinschaut, desto mehr findet man (das Größe-Anzahl-Verhältnis ist durch eine Pareto-Verteilung ganz gut abschätzbar): je kleiner, desto mehr – und nicht etwa „halb so groß heißt doppelt viele”, sondern mit einer Abhängigkeit in namhafter Potenz. Wird die Nachweis­genauigkeit um einen weiteren Mikrometer gesteigert, werden millionen­fach mehr Teilchen gezählt und wird die Panik millionen­fach erhöht…
Apropos Panik: Noch weiß niemand, welche Wirkung Kleinst­teilchen aus Kunst­stoff haben, aber man kann ja – in vorauseilendem Gehorsam – schon mal alle für mausetot erklären. Zumindest sind Kleinst­partikel im Moment die gewichtigste Keule, mit der Schneisen in den Verstand der Politiker geschlagen werden. Man könnte aber auch mal genauer hinschauen! Woher stammen eigentlich die Kunst­stoff­partikel? Tante Wiki weiß es: Die Daten aus dem Diagramm „Mikroplastik-Emissionen in Deutschland” verraten es. Etwa 60 % stammen in Deutsch­land direkt aus dem Straßen­verkehr. Nix Kunst­stoff­tüte, Einweg­geschirr oder Kunststoff­strohhalm & Co. Und nun die Frage. Richtet die Politik ihre Verbes­serungs­anstren­gungen nach der Wertigkeit des Segments, in dem sie aktuell auf Stimmenfang zu gehen gedenkt?

unwissend

Vielleicht ist ja die Erd­erwärmung gar nicht das eigent­liche Problem, sondern vielmehr die Häufig­keit und die Vehemenz (vgl. hier) extremer Wetter­lagen? Vielleicht sind Demonstrationen für das Klima (vgl. hier) nicht nur seman­tisch höchst fragwürdig?
Aber in der Zeit, in der die Schul­jugend auf der Straße lernt, wie purer Aktio­nismus sich auf das Füllen von Sprech­blasen mit Reiz­wörtern gründet, könnte sie in der Schule (sogar) lernen, daß es größere Zusam­men­hänge gibt, als es sich der *sardonisch lächeln* „wissende Mensch” auch nur vor­zustellen vermag.

globale Erwärmung

So ist das also, seit dem IPCC-Sonderbericht (siehe u. a. hier) steht fest: +1,5°C würden der Erde und – vor allem! – uns den Ar*ch retten?! Wer’s glaubt! Andererseits wird die Sau ja durch alle Medien getrieben; es muß also stimmen. :-/

Ist denn diese Festlegung von „maximal +1,5 grd” nicht ziemlich willkürlich getroffen worden? Auf welchen Start- bzw. Zielwert bezieht sich die Angabe überhaupt? Die allwissende Tante Wiki hält ein Bildchen bereit, dem zu entnehmen ist, daß der Bezugswert ein spezieller Mittelwert von Land- und Ozeantemperaturen ist, der für den Zeitraum von 1951 bis 1980 erhoben wurde (Quelle). Mit anderen Worten: Wenn die global gemittelte Temperatur um 1,5 grd höher liegt als in den Jahren um 1965 herum, droht Ungemach. Darf man eine derartige Ontologisierung der Willkür tatsächlich Wissenschaft nennen und ihr dann auch noch trauen?
Andererseits gab es genügend viele und verheerende Wettererscheinungen auch schon aktuell, also bei gegenwärtig etwa +1 grd. Wer weiß, um wieviel sich die Anzahl der Unwetter und deren Ausmaß ändern, wenn die globale Temperaturerhöhung ab jetzt noch 0,2 oder 0,4 oder 0,8 grd beträgt? Wer legt fest, daß gerade die Restspanne von 0,5 grd erträglich bleibt? Zudem handelt es sich um Mittelwerte. Die Füße in siedendem Wasser und den Kopf in der Tiefkühltruhe, das ergibt einen durchaus kuscheligen Mittelwert.

Unwissenheit (siehe hier) und Willkür (siehe oben), wo man hinschaut. Wie sollte es einem da um die Zukunft bange werden?

Tunnelblick

So recht weiß ich gar nicht, welche wohlmeinenden Götter mir heute morgen ein Werbeplakat ins Gesichtsfeld rückten, auf dem mit einigem Nachdruck für Windenergie geworben wurde. Fast im selben Augenblick des Sehens schossen mir ein paar Thesen durch den Kopf:

These 1: Wetter ist dem Wesen nach nichts anderes als die Emanation von Energieströmen, die von verschiedenen Quellen angetrieben werden: Sonnenenergie, Wärme und andere Strahlung aus dem Erdinneren, lunare und solare Gezeitenkräfte.

These 2: Energieströme sind immer dissipativen Einflüssen unterworfen, die den Energiefluß verringern oder gänzlich stoppen.

These 3: Das System, in dem Wetter stattfindet, ist in einem sehr hohen Grad komplex und dynamisch. Dynamische Systeme mit gegenseitigen Abhängigkeiten, die im wesentlichen von Nichtlinearität geprägt sind, können sich chaotisch verhalten.

These 4: Kleine Änderungen der Ausgangsbedingungen können in chaotischen Systemen unvorhersehbare Konsequenzen im zeitlichen Verlauf nach sich ziehen.

Synthese: Die permanente Entnahme von Energiemengen (Wasserkraftwerke, Solaranlagen und vor allem Windparks) aus dem Energiestrom, der gewissermaßen der Blutstrom des Wetters ist, stellt zwar in der gesamten Energiebilanz des Wetters nur einen verschwindend kleinen Bruchteil dar. Doch dieser kleine vom Menschen gemachte Einfluß kann auf das dynamische Gesamtsystem unvorhersehbare Auswirkungen haben.
Ob man sich an zuständiger Stelle mit diesem Problemkreis (ernsthaft) beschäftigt hat? Oder sind alle Kapazitäten gebunden, um den Politikern wohlfeile Argumente an die Hand zu geben, die ausschließlich die CO2-Emission im Tunnelblick haben?