Man soll – so weiß jedenfalls der nimmermüde Volksmund – den Tag nicht vor dem Abend loben. Und der heutige Tag fing auf eine geradezu wundervoll angenehme Weise an. Alles lief rund, keinerlei Mißklänge, gute Laune, fast schon euphorische Wonnegefühle. Der Wochenendeinkauf verlief in entspannter und heiterer Atmosphäre mit einem Verkaufsgespräch am Fleisch- und Wurststand, das auf humorvoller Weise am ehesten einem von beiden Seiten gemochten und durchaus forcierten Schäkern glich. Selbst der Kassierer, am anderen Ende des Supermarktes, strotzte nur so vor guter Laune, die ich ihm gern mit gleicher Münze zurückzahlte…
Auf dem Heimweg fragte ich mich dann, ob dieser inwendige Sonnenschein nicht vielleicht auch ausstrahlen könnte auf ein „Bittgesuch” an Fortuna; immerhin ist der Lotto-Jackpot aktuell nicht gerade mager. Wie lange hält solch eine euphorische Glückswelle wohl an? Was mögen die Götter mehr: Das Eisen zu schmieden, solange es noch heiß ist, oder doch lieber demütige Zurückhaltung, um das Glück nicht überzustrapazieren?
Den daraufhin geführten inneren Dialog darf ich hier beim besten Willen nicht publizieren. Nein, nicht weil er etwa obszön oder ehrabschneidend, sondern weil er viel zu lang wäre. Und wer würde sich wohl durch derartiges Wortgewölle hindurcharbeiten wollen? In der Kurzfassung lief der innere Dialog auf folgendes hinaus: Ich habe kein Vertrauen in die Versprechungen des Schicksals; deshalb bleibt der Lottoschein unausgefüllt und die Tippreihen werden verschont, bis irgendwann ihre Zeit für ein Scharmützel mit einer Glücksfee gekommen sein wird: 😉
Schlagwort: Seele
trüb
Dieses Bild war ein Zufallstreffer; es spiegelt ziemlich genau meine Stimmung zum heutigen Tag und der zurückliegenden Woche wider:
ausgestoßen
Nicht alle Menschen sind in der gleichen Form gemodelt. So manch ein Mensch hat arge Schwierigkeiten damit, in einer Welt zurande zu kommen, in der Durchschnitt die Norm ist. Gesundheitliche Einschränkungen und körperliche Handicaps sind gesellschaftlich durchaus als Gründe anerkannt, den Nachteil durch Fürsorge zu kompensieren.
Aber der Mensch besteht aus Körper und Geist. Wie sieht – falls es so sowas überhaupt gibt – das gesellschaftliche Kompensat für Menschen aus, die, unbestechlich rational denkend, gehandicapt sind durch den normativen Zwang einer Welt, die mehrheitlich irrational ist?
Omnipräsenz
Da wir nicht im Paradies leben, ist die Umwelt alles andere als optimal für das seelische Wohlleben. Vielleicht gilt sogar die zugespitzte Formulierung, derzufolge die Umwelt destruktiv für die Seele ist.
Letztlich gibt es nur drei Strategien, um der Seele Kraft und vielleicht sogar Entfaltungsmöglichkeiten zu geben. Bekämpfe Unpäßlichkeiten oder arrangiere dich mit ihnen und wenn beides nicht möglich ist, fliehe sie.
Leider erweist sich diese Sammlung von Lösungsstrategien als noch nicht genügend umfassend. Nehmen wir das Beispiel „personifizierte Dummheit”. Der Kampf gegen die Dummheit ist vollkommen aussichtslos: schlage der Hydra der Dummheit einen Kopf ab, und es werden an dessen Stelle drei neue nachwachsen. Noch gruseliger ist es, sich mit der Dummheit zu arrangieren. Also bleibt nur die Flucht? Doch wohin? Wohin auch immer du reitest, die Dummen sind schon da, denn sie sind überall.
Medizinindustrie
Ab dem Moment, an dem der Kardiologie sagte, er würde mich nur medizinisch, nicht aber ethisch beraten, verschwendete ich keine Aufmerksamkeit mehr an die ärztliche Konsultation. Wie wahrscheinlich ist es, unter Scheuklappen hervor einen flüchtigen Blick auf das Wesentliche am komplexen System Mensch zu erhaschen?
Therapie
Heute prasselten die dummen, gedanken- wie rücksichtslosen Anfeindungen nur so auf mich hernieder. Ich wollte kein Anzeichen von Schwäche zeigen und zog stumm Schutzwälle um mich, merkte aber am Ende des Arbeitstages, daß mir ein Panzer gewachsen war, undurchdringlich und hart wie Granit. Ich brauchte Tschaikowskys 6. Symphony, um mich wieder als Mensch zu fühlen und endlich wieder atmen zu können…
verzerrt
Eigentlich muß man Mitleid haben mit dieser schwedischen Göre. Nun hat sie sich in Madrid anläßlich des Klimagipfels zu einer Marien– – pardon! – Greta-Erscheinung herabgelassen und sogar mehrfach das Wort an sich gerissen, und doch ging kein Riß durch den Vorhang im Tempel…
Seltsam, wie sich das Wort ὑστέρα in die Assoziationsmaschine drängelt! Das ist altgriechisch, heißt Gebärmutter und ist zugleich die Sprachwurzel für unser heutiges Wort Hysterie. Eine Sechzehnjährige, die auf der Attitüde eines vierjährigen Mädchens verharrt, statt den biologischen Gegebenheiten den dringend notwendigen Raum zu geben, der für die seelische Entwicklung unentbehrlich ist…
Doch für ihr jüngstes Schaustück muß man der schwedischen Göre direkt dankbar sein (siehe u. a. hier). Ja, sie ist im Zug gefahren. Ja, der Zug war voll. Ja, die Zwitschernachricht an ihre Entourage dürfte der Wahrheit entsprochen haben: »Und ich bin endlich auf dem Heimweg!« Und schon haben wir ein Beispiel, wie durch schlichtes Weglassen von Informationen die Realität deutlich verzerrt werden kann. Wie glaubhaft kann generell solch eine Person sein? Was sagt es über die Zeitgenossen, die einer solchen Person weitaus mehr Aufmerksamkeit zuwenden, als für ein einmaliges Aha-Erlebnis notwendig wäre?
Die Geschichtsbücher werden dereinst (auch) von dieser Skurrilität berichten: die Rattenfängerin von Hammeln.
seelenlos
Indem der Mensch mit seiner Umwelt interagiert, verändert sich die Wahrnehmung dieser seiner Umwelt. Und Interaktion findet schon dann statt, wenn sie mit fragenden, schulmeisterlichen, romantisch verträumten oder blinden Augen angeschaut wird oder man nur an sie denkt.
Wenn der schauende Mensch aber beseelt ist, muß er dann nicht einen Abglanz der Seele im Besehenen, also in der Umwelt finden? Und zwar in jedem bedachten Ding dieser Umwelt. Somit hätte jeder Mensch zumindest soviel Seele wie ein Stein; manche aber auch kaum mehr.